Thomas Michalak

Nicht das Auge, die Hand.

Wenn ich über meine Arbeiten nachdenke, so sind es wohl zwei Dinge, die mich beschäftigen: die Spur von etwas oder jemandem, die Art und Weise, in der das Medium auf rein technischer, materieller Ebene mit dieser Spur verfährt. Zum anderen wie Bilder in der Welt sind, als Teil dessen, was wir für wahr halten, verändern oder erst erreichen wollen. Von diesen beiden Polen aus befrage ich die Fotografie immer wieder.

Adam 1, 2020

Der Körper selbst scheint mir in dieser Hinsicht der Fotografie verwandt. Er wird geformt, ist Ausdruck einer Vorstellung und gleichzeitig schreiben sich die Spuren gelebten Lebens ein. Nicht nur in die Oberfläche, auch buchstäblich in die Haltungen. Der Körper ist Ort unserer Geschichte, Identität und Utopie. Unlösbar mit unserer Existenz verbunden ist er das Letzte, was uns bleibt, wenn alles andere verloren gegangen sein sollte. Daher spielt die Verfügung über den Körper in allen Machtpolitiken eine wesentliche Rolle.

In meinen 20er und 30er-Jahren habe ich Fotografien von meinem Körper benutzt, um über meine Weltbezüge nachzudenken. Viele Jahre später wurde mir bewusst, dass meine Vorstellungen von seinem Aussehen sich von seinem Abbild deutlich zu unterscheiden begonnen hatten. Seither wuchs das Bedürfnis, mich diesem Körper wieder zuzuwenden. Aber aus einem bestimmten Grund scheute ich es, das Kameraauge auf mich zu richten.

2020 schob mir das Leben einen Buchscanner in die Hand. Seither ersetze ich das Auge durch die Hand, das Sehen durch das Tasten. Die entstandenen Bilder dekonstruieren die Form, den Raum und die Zusammenhänge und bleiben doch stellenweise in Nähe und Schärfe der Oberfläche erschreckend verbunden. Dieses Changieren, durch das das Sehen bewusst gelenkt werden will, interessiert mich.

Alle Bilder sind in einer durchgehenden Berührung „abgetastet“. Manchmal beschnitten, aber nie aus Teilen zusammengesetzt.